Teilprojekt B2
Theorie – Gebäude. Von der Suche nach einem Bezugssystem für das Entwerfen in der „Nach-Moderne“
Das Dissertationsprojekt untersucht die Rolle der Theorie für den architektonischen Entwurf vor dem Hintergrund der Institutionalisierung der Architekturtheorie innerhalb der deutschsprachigen Hochschullandschaft in den 1960er und 70er Jahren.
Der Architekt Jürgen Joedicke wird 1963 an die Universität Stuttgart berufen. Das von ihm 1967 gegründete Institut für Grundlagen der modernen Architektur (IGmA) setzt sich in dieser Zeit intensiv mit dem Thema der Planungsmethodik und dem hauptsächlich im anglo-amerikanischen Sprachraum aktiven Design Methods Movement auseinander und spielt eine maßgebliche Rolle für die Verbreitung systematischer Entwurfsansätze im deutschsprachigen Raum. Im selben Jahr wird an der ETH in Zürich das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) gegründet. Dessen Gründungsmitglied Bernhard Hoesli lehrt dort seit 1960. Losgelöst von den Debatten der Planungsmethodik (wenn nicht gar ablehnend gegenüber diesen), scheint Hoeslis Bestreben strukturierte Vorgehensweisen für nachvollziehbare Entwurfsentscheidungen zu vermitteln, dennoch interessante Gemeinsamkeiten mit Joedickes Intentionen aufzuweisen. Während allerdings das Design Methods Movement Theorie als ordnendes Prinzip des Entwurfsprozesses aus dem Transfer von Methoden anderer Disziplinen gewinnt, entwickelt Hoesli seinen Ansatz auf Basis der eigenen Forschung zu den Grundlagen der architektonischen Moderne, welche er gemeinsam mit der Gruppe der sogenannten Texas Rangers in den 1950er Jahren an der University of Texas durchführte.
Es handelt sich hierbei nicht um eine zufällige Parallelität: das Ringen um die wissenschaftliche Fundierung der architektonischen Tätigkeit bestimmt die architektonische Debatte zu diesem Zeitpunkt keineswegs nur in Stuttgart und Zürich. Im Rahmen der Arbeit soll das soziokulturelle Klima, welchem dieses Bedürfnis entwächst, sowie unterschiedliche Ansätze auf dieses zu reagieren dargestellt werden. Diese Auseinandersetzung weist im Kontext der zeitgenössischen Debatte um Forschungsperspektiven in der Architektur besondere Aktualität auf.